Wasser (20) - Hünsborner Feuchtwiesen im Wandel

Durch menschlichen Einfluss hat sich das Gesicht des weiten Tales im Norden von Hünsborn schon mehrmals verändert und wird das auch weiterhin tun.
Am Anfang stand ein Erlenbruchwald. Der wurde gerodet und es entwickelte sich ein Seggenried. Seggen sind kein gutes Viehfutter und deshalb wurden die Böden aufgedüngt, so dass über Jahrhunderte Sumpfdotterblumenwiesen entstanden. Die tonigen, sauren Böden sind nicht ackerfähig, da das Grundwasser sehr hoch steht. Gley, Pseudogley und Niedermoorböden konnten nur als Viehweide genutzt werden und wurden jährlich mit der Sense gemäht. Aufgrund der jahrhundertelangen gleichförmigen Nutzung etablierte sich eine Lebensgemeinschaft, die auf nährstoffarme, offene Weiten eingestellt ist.

Charakterarten waren das Braunkehlchen, Rohrammer, Wiesenpieper, Kiebitz, Bekassine und die allgegenwärtige Feldlerche.
 Ihre Lieder sind aber heute verstummt, denn seit den 1950iger Jahren hat sich das Gebiet stark verändert. Die Gemeinschaftsweide wurde zugunsten der Koppelhaltung von Kühen und Schafen aufgegeben. Viele Wiesen rund um Hünsborn wurden zudem entwässert, aufgedüngt und mehrmals im Jahr gemäht. Das halten nur einzelne Gräser und höchstens noch Löwenzahn aus. Im Tal der Großmicke haben die Naturschützer seit den 1980igern einige Landwirte dazu bewogen, Pflegeverträge abzuschließen und der NABU hat einige der kleinen Teilflächen aufgekauft. Aber der Verlust der Wiesenbrüter konnte nicht aufgehalten werden, denn überall machten sich hohe Bäume und Sträucher breit. Zudem führt ein Fahrradweg durch das Gebiet, der von einer hohen Hecke begleitet wird. Heute zeigt das Tal einen parkartigen Charakter und Arten wie Neuntöter und Elster sind eingezogen. Erst 2003 wurden die Flächen als NSG ausgewiesen.

Schutzwürdig sind aber nicht nur die Vögel, sondern auch die Pflanzengesellschaften, die sich in einem kleinräumigen Mosaik abwechseln. Feuchte Orte sind geprägt von Wiesenknöterich, Mädesüß und Kuckucks-Lichtnelke. Sie vertragen keine häufige Mahd und sind sonst nur noch entlang von Gräben zu finden. Aus der Zeit als Gemeinschaftsweide findet man noch Rasenschmiele, Waldsimse und Pfeifengras. Auch sie ertragen keine Mahd.
Orte, die ganzjährig nass sind, bilden nährstoffarme Niedermoorböden, auf denen man Hunds-Straußgras, Spitzblütige Binse, Sumpfblutauge, Schmalblättriges Wollgras, Sumpf-Schafgarbe und selten Fieberklee und Teufelsabbiss findet.
Sorgen bereiten den Botanikern zwei Entwicklungen: erstens die fortschreitende Verdichtung der Böden, was die Flatterbinse fördert mit ihrer speziellen Anpassung, einem Aerenchym, das die Wurzeln mit Sauerstoff versorgen kann. Und zweitens schreitet die Stickstoffanreicherung aus der Luft immer weiter voran. Spezialisten für nährstoffarme Böden, wie Orchideen, werden dadurch auf immer weniger Standorte zurückgedrängt. Um Hünsborn herum gibt es nur noch eine Stelle, an der das Breitblättrige Knabenkraut wächst.

Das Breitblättrige Knabenkraut braucht zum Keimen einen Pilz, mit dem es in Symbiose lebt. Dieser stirbt, sobald sich Stickstoff im Boden anreichert. (Foto: Stefan Schneider)

Im Reich der Insekten macht sich der Klimawandel bemerkbar. Wärmeliebende Arten wandern ein. Andere Arten, wie den Dukatenfalter, findet man nur noch in größeren Höhen. Darüber hinaus gibt es Schmetterlinge, die auf feuchte Standorte angewiesen sind. Den Mädesüß-Perlmuttfalter kann man ausschließlich auf Mädesüß-Brachen beobachten. Neben einigen anderen Heuschreckenarten, ist die Sumpfschrecke an feuchte Wiesen gebunden. Die Rote - Liste - Art ist vom Aussterben bedroht, kommt aber in den Hünsborner Feuchtwiesen noch vor.
Bäche, Gräben und zwei kleine Teiche fördern eine artenreiche Libellenpopulation, z. B. mit Quelljungfern und der Großen Heidelibelle.

Die größten Sorgen machen sich die Naturschützer aber um die Amphibien. Können die Großeltern noch davon erzählen, dass sie bei der Mahd mit der Sense bei fast jedem Schlag einen Frosch verletzten, dann sind nach den letzten trockenen Jahren Frösche nur noch selten anzutreffen. Viele Entwicklungen hätten durch eine Biologische Station in Kooperation mit den Bewirtschaftern des Gebietes zugunsten der Wiesenbrüter gelenkt werden können. Leider fehlt diese im Kreis Olpe als einzigem Kreis in NRW.