Wasser (19) - Feuchtwiesen (2)

Heute werden die meisten Feuchtwiesen des Sauerlandes naturschutzfachlich bewirtschaftet. Für die konventionelle Landwirtschaft lohnt sich die Bewirtschaftung nicht mehr, das Vieh steht heute im Stall und die modernen Viehrassen vertragen den feuchten Boden oder das schwer verdauliche Futter der Feuchtwiesen nicht mehr. Lohnend kann eine Feuchtwiesenbeweidung sein, wenn dafür Vertragsnaturschutzgelder gezahlt werden und Robustrassen wie das Rote Höhenvieh (Abb. 3) zur Verfügung stehen. Leider sind jedoch in vielen Teilen des Kreises Olpe die Feuchtwiesenbereiche in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Das betrifft besonders kleine Bereiche, die häufig aus einer Bewirtschaftung ausgespart werden und in der Folge verbuschen und zu Wald werden (Abb. 4).  
Wälder auf diesen Standorten bieten den Arten der Feuchtwiesen keinen Lebensraum mehr, denn diese brauchen volle Sonne und profitieren von einer Beweidung. Heute sind daher die Arten der Feuchtwiesen zu großen Teilen bedroht. Dabei handelt es sich um besonders artenreiche Lebensräume. Es sind die artenreichsten Flächen unserer Breiten (Abb. 5). In einer Untersuchung der Feuchtwiesen des Sauerlandes ermittelte Wolbeck bis zu 57 Pflanzen- und Moosarten auf 16 m²-Untersuchungsflächen (Wolbeck & Bergmeier 2023).

Zudem ist Feuchtwiese nicht gleich Feuchtwiese. Feuchtwiesen auf geraden Talböden bilden sich, wenn sich Wasser staut. Sie sind in der Regel nährstoffreich und großflächig. Ihre Pflanzengesellschaft (die Gemeinschaft, in der Pflanzen ähnlicher Standortansprüche an Feuchtigkeit, Nährstoffversorgung, Licht oder Wärme zusammen wachsen) ist im Calthion – den Sumpfdotterblumenwiesen einzuordnen. Entlang von Quellaustritten an Berghängen prägen sich hingegen häufig kleine Niedermoore aus, das sind Moore, die nicht durch Regen, sondern durch Grundwasser gespeist sind. Grundwasser ist nährstoffarm, entsprechend finden sich andere Arten ein und es bildet sich häufig eine Torfschicht, da sich das Pflanzenmaterial im nährstoffarmen und dauernassen Bereich schlecht zersetzt.

Wer Quellaustritte auf Wiesen (erkenntlich an den Binsen) aufmerksam betrachtet, wird bemerken, dass sie manchmal konvex geformt sind – das sind Torfschichten von manchmal einem halben Meter Dicke. Die Torfschichten der Niedermoore weisen auf eine Jahrhunderte bis Jahrtausende zurückreichende Wiesentradition auf diesen Flächen hin, denn wachsen auf ihnen Bäume, entziehen sie den Quellen das Wasser (Schmidt 2010). Dann zersetzt sich der Torf. Pflanzengesellschaften auf diesen Standorten sind von kleineren Arten geprägt und häufig reich an Seggen (Sauergräsern) und Moosen – fast allesamt selten (Abb. 6). Man nennt sie Kleinseggenriede, z.B. des Caricion nigrae – Braunseggensumpf (vgl. Oberdorfer 2001). Noch nährstoffärmer und saurer sind nur Hochmoore – ein eigenes Thema.

Eine große Gefahr für unsere Feuchtwiesen ist der Klimawandel, denn fehlen die Niederschläge trocknen die Feuchtwiesen und Quell-Niedermoore aus. Das hat nicht nur direkten Einfluss auf die dort lebenden Arten, die dauerhaft nasse Verhältnisse brauchen und einfach vertrocknen. Der Rückgang des Wasserspiegels führt auch zum Eindringen von Sauerstoff ins Torfsubstrat, das sich daraufhin schneller zersetzt und wiederum CO2 freisetzt. Die Standorte werden dadurch nährstoffreicher und Nährstoff-liebende, dominante Arten verdrängen die seltenen kleinen, konkurrenzschwachen Arten.

 

Zusammenfassung:
Feuchtwiesen im Mittelgebirge haben kulturellen wie naturschutzfachlichen Wert. Sie sind als ursprünglichste Wiesenform unserer Region zu betrachten und wurden bereits vor tausenden von Jahren von unseren Vorfahren genutzt. Heute besitzen sie insbesondere Bedeutung im Artenschutz, denn sie gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Deutschlands. Leider ist eine landwirtschaftliche Nutzung dieser Flächen heute nur noch bedingt interessant und der Klimawandel übt zusätzlichen Druck auf diese Lebensräume aus. Umso wichtiger ist ein effizienter Schutz und eine gute Beratung der Landwirtschaft was Fördermöglichkeiten etwa im Vertragsnaturschutz angeht. Eine solche Funktion könnte eine Biostation ausfüllen, für die sich der NABU Olpe einsetzt (siehe: www.nabu-olpe.de/biostation).

Quellen
Burrichter, E. & Pott, R. (1983): Verbreitung und Geschichte der Schneitelwirtschaft mit ihren Zeugnissen in Nordwestdeutschand. – Tuexenia 3, 443-453.
Hartel, T. & Plieninger, T (Hrsg. 2014): European wood-pastures in transition: a socio-ecologocal approach. – Routledge.
Koch, H. (2000). Die Geschichte der Talwiesen im Raum Winterberg. De Fitterkiste – Geschichtliches aus Winterberg und seinen Dörfern 10.
Oberdorfer, E. (2001). Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8 Aufl. E. Ulmer, Stuttgart. 1051 S.
Schmidt, M. (2010). Vom Hutewald zum Urwald“ – Veränderungen von Flora und Vegetation im Naturschutzgebiet „Urwald Sababurg“ (Reinhardswald) über 100 Jahre. forstarchiv 81(2): 53-60.
Speier, M. (1994). Vegetationskundliche und paläoökologische Untersuchungen zur Rekonstruktion prähistorischer und historischer Landnutzungen im südlichen Rothaargebirge. Abh. Westfäl. Mus. Naturk., Münster. 56(3/4): 1-174.
Speier, M. (1999). Das Ebbegebirge - Vegetationskundliche und paläoökologische Untersuchungen zur Vegetations- und Landschaftsgeschichte des Hochsauerlandes. Abh. Westfäl. Mus. Naturk., Münster. 61(4): 1-175.
Speier, M. (2001). Die historische Entwicklung des Kulturgrünlandes submontaner und montaner Lebensräume sowie dessen heutige vegetationskundliche Bedeutung. – In: Naturschutzzentrum Märkischer Kreis & Biologische Station Oberberg (Eds.). Tagungsband. Schutz der Wald-Wiesen-Täler im Mittelgebirge. 28.-29. Mai 1999 in Meinerzhagen-Valbert. Naturschutzzentrum Märkischer Kreis & Biologische Station Oberberg, Lüdenscheid: 9–31.
Wolbeck, D. & Bergmeier, E. (2023). Ecology, distribution and conservation status of wet grasslands and fens with Juncus filiformis and Eriophorum angustifolium in the Süderbergland, Westphalia. Tuexenia 43: 183-277.