Die Lenne Teil II: Eutrophierung und Strukturgüte
Im Jahr 2010 erhielt die Bezirksregierung als Auftraggeber den Abschlussbericht einer umfassenden Untersuchung der Lenne zwischen Bamenohl und Plettenberg. Es war aufgefallen, dass immer
häufiger Algenblüten auftraten, eine Erscheinung, die in Zusammenhang mit der Nährstoffbelastung steht. Deshalb hatte das Helmholzzentrum für Umweltforschung vorhandene
Daten über ca. 10 Jahre ausgewertet und im Jahresverlauf 2010 durch Freilanduntersuchungen die chemischen Parameter, sowie die Gewässerflora und -fauna überwacht. Drei Orte wurden besonders
genau untersucht: die Lenne bei Bamenohl und bei Pasel sowie die Bigge kurz vor der Mündung in die Lenne.
Die Messungen für die EG-WRRL (Wasserrahmenrichtlinie) ergeben einen ökologischen Gewässerzustand an diesem Gewässerabschnitt von „mäßig“ bis
„schlecht“. Das liegt vor allem an der geringen Äschenpopulation, die sogar stellenweise fehlen kann. Die chemische Gewässergüte wird mit „gut“ beurteilt.
„Die Nährstoffbelastungen an den Landesmessstellen (GÜS) im Untersuchungsgebiet sind an den Messstellen Bamenohl und Pasel höher als in der Bigge und können weitgehend als „mäßig“ eingestuft
werden. Ein Auf- oder Abwärtstrend in den Nährstoffkonzentrationen ist im Zeitraum 1996 bis 2009 nicht vorhanden.“ (Abschlussbericht S. 100)
Wenn ein Fluss so stark vom Menschen überformt ist, wie die Lenne, dann wird er auch mit einer erhöhten Nährstofffracht nicht optimal fertig. Nährstoffe verursachen eine Steigerung des
Pflanzenwachstums, in unserem Falle von Algen. In der Fachsprache heißt das Eutrophierung. Grund dafür können natürliche oder künstliche Nährstoffanreicherung sein oder eine
bessere Verfügbarkeit der Nährstoffe. Wenn alle Wachstumsfaktoren in ausreichendem Maße vorhanden sind, können Algen zur Massenvermehrung starten. Eine Schlüsselstellung im Geschehen nimmt das
Phosphorangebot ein. Gewöhnlich ist es der Minimumfaktor, der verhindert, dass die übrigen Nährstoffe genutzt werden können. In der Lenne ist dies jedoch nicht der Fall.
Die Klärwerke, die Überläufe der Misch- und Regenwasserkanalisation sowie diffuse (unbekannte) Quellen entlassen pro Jahr ca. 20 Tonnen Phosphor ins Wasser, das meiste davon
pflanzenverfügbar.
Jedes Frühjahr, wenn die Lichtintensität zunimmt, startet die Algenblüte. Die Steine im Flussbett werden mit Algenfäden überzogen. Der Stoffwechsel der Algen bewirkt im Tagesverlauf den Anstieg
des pH-Wertes und an manchen Tagen ist es möglich, dass dann in der Lenne aus den vorhandenen Stickstoffverbindungen Ammoniak entsteht. Ammoniak ist extrem fischgiftig und schädigt schon nach
kurzer Zeit die Kiemen. Gerade die kaum vorhandene Strömung in den Restwasserstrecken unterhalb der Wehre kann sich zu einer chemischen Giftküche entwickeln, die natürlich auch Auswirkungen auf
die flussabwärts liegenden Gewässerabschnitte hat.
So darf es nicht verwundern, dass nicht nur bei den Wirbellosen, sondern auch bei den Algen vorwiegend Allerweltsarten vorkommen, die nur geringe Ansprüche an die Wasserqualität haben, ja sogar
Abwasser tolerieren. Dieses Ergebnis veranlasst die Autoren der Studie zu der Einschätzung, dass die Orientierungswerte der LAWA für Nährstoffe in einem Gewässer wie der Lenne (Gewässertyp 9)
deutlich zu hoch und als Bewirtschaftungsziel ungeeignet sind. Die Bearbeiter schlagen vor, die Einleitungen auf 50-70µg/l TP zu begrenzen.
Der zweite große Maßnahmenkomplex, der die Lenne ökologisch aufwerten kann, ist die Verbesserung der Strukturgüte. Damit ist nicht nur die Durchgängigkeit gemeint, sondern die
Renaturierung des Flussbettes und der Aue. Dazu gehören die Ausweisung von Gewässerrandstreifen und die Etablierung von Ufergehölzen. Der Fluss muss wieder die
Möglichkeit haben zu schwingen, d.h. wo es noch Platz in der Aue gibt, sollten die Uferbefestigungen entfernt werden. Das nächste Hochwasser gestaltet dann Einbuchtungen und Aufweitungen,
besonders, wenn umgestürzte Bäume im Wasser liegen. Das Strömungsbild wird sich verändern und unterschiedlich tiefe Gewässerbereiche werden sich abwechseln. Ganz wichtig ist die mosaikartige
Verteilung von Sand/Kies/Steinen und Totholz. Inseln können sich bilden.
Selbst in bereits „renaturierten“ Bereichen kann sich die Lenne bei Hochwasser bisher nicht wirklich ausbreiten, wie das Beispiel bei Altenhundem zeigt: